Nairobi heisst meine neue Heimatstadt und diese liegt im Osten Afrikas, nicht weit weg vom Äquator. Voraussichtlich für die nächsten 4 Jahre werde ich in unmittelbarer Nähe zu Giraffen, Elefanten und Löwen leben. Die meisten Einwohner sprechen neben der ersten Amtssprache Englisch, auch das sogenannte Swahili (Suaheli), aus welcher der oben zitierte und relativ berühmte Ausspruch „Hakuna Matata“ stammt. Übersetzen könnte man es mit „Kein Grund zur Sorge“ und genau dies ist zum Glück auch das Motto der meisten Kenianer.
Wobei es den Kenianer eigentlich so gar nicht gibt, auch heute noch identifiziert man sich hier weitaus mehr als Mitglied eines spezifischen Stammes, denn als Einwohner Kenias. Und von diesen Volksgruppen und Untergruppen gibt es mehr als 40, welche wiederum mehr als 50 Sprachen oder Dialekte sprechen. Genau daraus resultieren oft mächtige Spannungen untereinander, Ostfriesen- oder Ossiwitze sind da im Vergleich wirklich harmlose Dinge. Die größte und immer noch einflussreichste Volksgruppe in Kenia sind die Kikuyu (etwa 22% der Bevölkerung). Über Jahrzehnte dominierten ausschließlich Mitglieder dieser Gruppe die Wirtschaft und Politik des Landes. Auch der amtierende Präsident und Sohn des ersten kenianischen Präsidenten, Uhuru Kenyatta, gehört dieser Volksgruppe an. Daneben gibt es Luhyas, Kambas, Luos usw. welche oft aus Landesgrenzen übergreifenden Herkunftsgebieten stammen (Uganda, Somalia, Tansania usw.). In oft exzessartigen Gewaltakten kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Auseinandersetzungen untereinander, Massenmorde und Völkervertreibung gehörten zur Tagesordnung. Auch momentan ist die Situation brisant, trotz Wahlwiederholung ist die politische Zukunft Kenias weiterhin ungewiss. Die politische Opposition will das Wahlergebnis auch diesmal nicht anerkennen, das Land tritt momentan auf der Stelle. Ein Desaster für die Wirtschaft und damit für die Menschen, die von Ihr abhängen. Solange es politisch nicht geordnet weitergeht, steht alles weitere ebenfalls still. Man kann nur hoffen, dass sich das Land schnell befreien kann aus diesem Zustand.
„Du erlebst hier „Africa light““, wurde mir immer wieder gesagt. Und das ist wohl auch so, wenn man es aus einer etwas oberflächlichen Sicht betrachtet. Man bekommt in den Supermärkten der Stadt eigentlich fast alles, was man aus Europa gewöhnt ist. Auch für zahlreiche eher deutsche Produkte, scheint es hier einen gewissen Bedarf zu geben. Am meisten hat mich die Anwesenheit von Erdnussflips überrascht. Diese habe ich weder in den USA noch in Brasilien gefunden. Pizza, Sushi und sogar ein richtiges brasilianisches Restaurant mit Rodizo gibt es, rein kulinarisch muss man hier auf nichts verzichten. Natürlich alles nur mit dem nötigen Kleingeld. Eine extrem kleine, dafür ziemlich wohlhabende Oberschicht steht einer riesigen Unterschicht gegenüber.
Knapp 60% der Einwohner Nairobis wohnen in Slums. Gerade jetzt, in der in diesem Jahr sehr heftig ausfallenden Regenzeit, verwandeln sich die Slums in riesige Morastgebiete. Wer sich ein paar Gummistiefel leisten kann, gehört schon zu den privilegierten Personenkreis hier. Waren die Favelas in Rio schon eine andere Welt für mich, so ist das hier nochmal eine völlig neue Dimension, wie Menschen zusammenleben müssen auf unserem Planeten. Irgendwie kommen mir immer Bilder aus der Massentierhaltung in den Kopf. Wenn diese Stadtviertel wie in Südamerika mit Waffen geflutet werden würden… Man will darüber besser gar nicht nachdenken, was wäre wenn.
Aber rund um diese Slums existiert dieses sogenannte „Africa light“. Wenn man aus Nairobi raus fährt ist man direkt in der afrikanischen Savanne. Mit vielen Nationalparks und für den westlichen Touristen attraktiven Freizeitmöglichkeiten, gehört Kenia neben Südafrika, zu den beliebtesten Reiseländern des Kontinents. Safaritouren vom Camping- bis zum 5-Sterne-Niveau kann man buchen. Soweit bin ich bisher aber noch gar nicht gekommen. Nairobi selbst ist auch sehr grün und wohl relativ natürlich gewachsen. Was aus Verkehrssicht oft problematisch ist. Für 2km Straße muss man als Autofahrer manchmal eine Stunde Fahrtzeit einplanen. Jeder deutsche Stadtentwickler würde sich vermutlich alle Haare ausreissen, beim Blick auf die oft auch fehlerhaften Karten. Es gibt zudem eigentlich nur eine funktionierende Ampel in der gesamten Stadt. Kreisverkehre sind hier sehr häufig zu finden, eine gute Alternative. Gerade am Anfang waren diese jedoch durch den Linksverkehr eine echte Herausforderung für mich. Tja und manchmal blockiert eine Herde Kühe die Straße, oder an einer Kreuzung haben sich die Autos irgendwie so stark gegenseitig verheddert. Dann dauert es eine ganze Weile bis man überhaupt wieder mit dem Auto in Bewegung kommt. Ich sitze in diesen Momenten ruhig im Auto und übe für mich ein wenig Swahili: „Hakuna Matata“.
Ick meld ma!